Omas Schnuppertag in der Tagespflege
An einem Montagmorgen im Januar 2025. Es ist zwar nur ein "Schnuppertag", jedoch ist der Ablauf, wie er wäre, wenn es sich um einen regulären Besuchstag handeln würde. Also von früh (ca. 8 Uhr) bis spät (ca. 16:30 Uhr) mit Fahrdienst und allem drum herum.
Wenn alles nach Plan läuft, dann sieht der Tag für meine Oma wie folgt aus:
Abholung gegen 8 Uhr (-> Ich werde ca. 10 Minuten vor Ankunft des Fahrdienstes angerufen, um Oma anzuziehen und sie nach vorne ans Gartentor zu begleiten.)
Ankunft in der Tagespflege gegen kurz vor 9 Uhr
"Zeitungszeit"
Frühstück
1. Beschäftigungsangebot -> heute steht Minigolf auf dem Programm - indoor im Gruppenraum
Mittagessen
13.00-14.00 Uhr Mittagsruhe
2. Beschäftigungsangebot -> Quiz
Kaffee und Kuchen
15.30 Uhr Abfahrt von der Tagespflege
Ankunft Zuhause ca. 16.30 Uhr (da ihr Zuhause einer der letzten Stopps auf der Route ist)
Morgenroutine und Pufferzeiten
Nachdem ich gestern schon alle Dinge für ihren Aufenthalt zusammengepackt habe (Medikamente, "Schnupperpauschale", Wechselklamotten und weitere IKM/Vorlagen) und auch schon ihre Klamotten und Schuhe für den Tag bereitgelegt waren, ging ich erst um 7.30 Uhr zu ihr rüber. Ich wollte sie solange wie möglich schlafen lassen, da der Tag wohl anstrengend werden würde.
Ich weckte Oma und sie machte sich nach kurzer Aufwachzeit auf den Weg ins Badezimmer.
Diese Zeit nutzte ich um das Bett zu checken. Sie hatte den Pyjama und die Bettauflagen in der Nacht wohl zur Seite gelegt. Auf das kleine Tischchen ein paar Meter weiter, wo ich die frischen Sachen für den heutigen Tag hingelegt hatte. Gut, war also keine gute Idee, da nun nasse Sachen auf den frischen lagen. Alles wanderte in die Wäschetonne und ich holte neue und ging zu Oma ins Badezimmer. Nach dem Toilettengang folgt zunächst ein kleines Waschprogramm.
[Mittlerweile ist das völlig ok für mich meine Oma zu waschen und sie bei der Körperpflege zu unterstützen - es gehört eben einfach dazu - aber zu Beginn war es schon eine ordentliche Überwindung. Es wird jetzt an dieser Stelle nicht weiter Thema dieses Beitrags sein, dennoch möchte ich zukünftig mehr über "Pflegethemen" schreiben, da es ab jetzt eben einen großen Teil meiner täglichen Arbeit und Routine bedeutet und es sich für mich oft noch nach einem tabuisierten Thema anfühlt. Wie paradox, wenn in Betracht gezogen wird, wie viele pflegebedürftige Menschen sowie pflegende Angehörige oder Dritte es doch gibt und wie normale und 'besprechbar' es daher im Grunde sein sollte.]
Ich half ihr beim Ankleiden und wechselte in dem Zuge auch die Kompressionsstrümpfe. Wir waren soweit fertig. Oma hatte sich nun an den Tisch gesetzt, der Fernseher lief und sie aß ein Toast mit Frischkäse. So ganz mit leerem Magen wollte ich sie nicht losschicken.
Ein 'Matschauge' am Morgen sorgt für "Bonus-Stress"
Ach ja, eine Sache habe ich vergessen zu erwähnen. Sie ist mit einem dicken Matschauge aufgewacht. Es war gestern bereits etwas rot gewesen - aber nun war es noch dick dazu.
An dem Punkt fing ich an mich bereits etwas zu stressen. Diese Gedanken ging mir durch den Kopf: "Na toll, gerade heute. Oje, wie das wohl ankommt. Ob das überhaupt okay ist, sie so hinzuschicken?" Mental Load lässt grüßen.
Ich fragte sie, ob sie schmerzen hat. Sie verneinte die Frage. Ich versuchte mich selbst zu beruhigen und gedanklich logisch zu argumentieren: "Klar ist das okay, solange es 'nur' ein dickes Auge ist, das nicht schmerzt. Ist doch dann trotzdem schöner Beschäftigung zu haben, als alleine hier rumzusitzen. Ach, das wird schon." Dann wieder: "Oje, ich ruf da lieber mal an. Nicht das sie sich wundern, dass so gar keine Info von uns kommt..." Ich sag ja: ich stresste mich. Rückblickend unnötigerweise, aber in dem Moment war es so. Insgesamt war ich irgendwie komisch aufgeregt. Es besorgte mich irgendwie Oma den ganzen Tag außer Haus zu wissen und gleichzeitig glaube ich wirklich, dass die Abwechslung, die eine Tagespflege ihr bieten kann, ein großer Gewinn für sie sein wird und auch eine Entlastung für uns darstellt. Noch bedeutet es jedoch einfach viel zusätzliche Organisations- und Verwaltungsarbeit sowie neue Abläufe, die in bestehende integriert werden müssen. Diese betreffen nicht nur Oma und mich, sondern damit auch meine Kids und meinen Mann, denn die Abholzeit des Pflegedienstes grätscht uns komplett in unsere Morgenroutine.
Ich rief also bereits um 7:35 Uhr in der Tagespflege an. Wie zu erwarten war jedoch noch niemand im Büro und so konnte ich nur einen Nachricht auf dem AB hinterlassen. Dann folgte oben beschriebener Morgenablauf (waschen, anziehen, u.s.w.) und dann war es auch schon 8 Uhr. Ich wunderte mich etwas, da der Fahrdienst sich noch nicht gemeldet hatte und nutzte dann die Zeit um das Bett frisch zu beziehen. Als auch das erledigt war, checkte ich nochmal den Beutel mit den gepackten Sachen. Es schien soweit alles da zu sein. Mmmhh, was nun. Immerhin muss ich ja auch noch meinen Sohn in die Kita bringen...
Ach ja, dachte ich, da haben wir es wieder: Theorie und Praxis. Ich kann noch so gut planen und muss dennoch mit dem "arbeiten/umgehen" wie es kommt. Ich solchen Momente bin ich so dankbar dafür, dass ich selbstständig bin und umplanen kann, ohne das zusätzlich jemand anderem gegenüber rechtfertigen zu müssen bzw. jemanden in Kenntnis setzen zu müssen. Wenn ich wieder mal Anstellung arbeiten sollte, dann nur in einem Arbeitszeitmodell, das mir diese Agilität auch bietet - also Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit oder so ähnlich. Anders geht es echt nicht - beziehungsweise ist es einfach nicht fair und gesund. Dieser Druck, dem so viele Menschen permanent ausgesetzt sind, der macht einfach krank und es ist absolut unfair, da, wie gesagt, Theorie und Praxis einfach allzu oft nicht symbiotisch zu vereinbaren sind.
Ich rief um 8:15 Uhr noch mal im Büro an und erreichte nun auch jemanden.
So konnte ich einerseits das mit dem dicken Auge noch mal persönlich besprechen und außerdem erfragen, wann wir mit dem Fahrdienst rechnen können.
Die erste Reaktion war doch tatsächlich: "Die Nägel immer schön kurz halten." und da hat sie absolut recht. Gestern habe ich noch mit meinem Vater gesprochen, dass wir die Termin bei der medizinischen Fußpflege (sie kümmert sich auch um die Fingernägel) verkürzen müssen - die Abstände sind einfach zu groß und heute bekomm ich direkt eine "fachliche Bestätigung". Per Ferndiagnose sofort das Problem erkannt. Und sie hat ja total recht, selbst wenn wir von fünf, sechs Wochen auf vier Wochen Intervalle gehen, muss ich meiner Oma zwischenzeitlich dennoch die Fingernägel kürzen und das ist ja auch gar kein großes Thema.
Es muss eben einfach bedacht, geplant und gemacht werden - fertig. Aber das ist es eben, was ich meine, es gibt so viel zu bedenken und zu beachten. Daher wird es dann sicherlich häufiger mal Beiträge zum Themenkomplex "pflegende Angehörige, Demenz, Altenpflege" geben. Ganz bestimmt sind viele Dinge auch sehr individuell und nicht übertragbar. Aber vielleicht unterstützt es doch die eine oder andere Person - und dann lohnt es sich allemal.

Also habe ich jetzt in meinen wöchentlichen Ablauf immer samstags noch Fingernägel prüfen und ggf. kürzen (Pfeilen) aufgenommen - direkt digital vermerkt.
Zum Fahrdienst habe ich die Auskunft bekommen, dass es wohl einige Absagen gab, weswegen die Fahrerin wohl etwas später erst losgefahren ist.
Knapp zehn Minuten später wurde ich dann von der Fahrerin angerufen - es gab einen Straßensperrung und sie musste durch einen anderen Ort fahren - nun ist sie aber in fünf Minuten da. Uhh, nun nur fünf Minuten, nah dann aber schnell: Omi in die Handschuhe und Jacke gesteckt und dann mit dem Rollator nach vorne ans Gartentor.
Den Einstiegs in der Kleinbus hat sie gut gemeistert, sodass es ihr den Rollstuhl und die Fahrt über die Rampe erspart hat.
Oje, ich glaube wirklich, ich bin aufgeregter als meine Omi.
Noch ein To-do mit bisschen schlechtem Gefühl
Einen Hinweis gab es noch von der Fahrerin, dass der Rollator, nicht mehr ordnungsgemäß funktioniere - die Bremse rechts ginge wohl nicht mehr. Das war bei unserer letzten Fahrt zur Ärztin noch nicht der Fall, aber ja, der Rollator ist bestimmt schon 20 Jahre alt und da er schon einiges an Regen abbekommen und ordentlich Rost angesetzt hat, könnten wir mit Sicherheit die Anschaffen eines neuen Rollator in Erwägung ziehen. Gleichzeitig bin ich seit Monaten nur am besorgen von Rezepten und Verordnungen und da uns zumindest schon mal ein Rollator zur Verfügung steht, hatte der bisher keine Prio auf meiner Liste. Dennoch ist es mir peinlich und es fühlt sich für mich so an, als ob andere denken, ich kümmere mich nicht "ordentlich" um meine Omi... Ach ja, ich könnte jetzt auch noch weiterhin in dieses Thema einsteigen. Mach ich aber nicht, denn es warten andere Sachen auf mich. Dazu vielleicht also ausführlicher an einem anderen Tag.
Back to Alltag - aber irgendwie auch nicht
Mein Sohn habe ich dann übrigens erst nach der Frühstückszeit in den Kindergarten gebracht, da es ansonsten zu stressig geworden wäre. Da er in sein Spiel im Kinderzimmer vertieft war, stelle ich ihm dann lediglich die Frühstücksdose bereit und arbeitete in der Zwischenzeit einige Mails ab. Um 9.30 Uhr ging's dann los zum Kindergarten und nun ist es kurz vor 12 Uhr mittags und ich bin nach erneuter Priorisierung meiner To-Dos für den heutigen Tag wieder gut im Plan.
Soviel zu meinem Morgen und dem Thema "Omi unterwegs - Schnuppertag in der Tagespflege".
Habt einen schönen Tag und gönnt euch eine achtsame Pause. (Ich brauch sie heute auf jeden Fall!) 🤍
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